“Das Zelebrieren von Zusammenhalt – und die Freude daran eine Frau zu sein! ”
Das “Jahr der Mondin” hat gerade erst begonnen! Achan Malonda ist Sängerin und Songwriterin und kredenzt unter dem Namen MALONDA elektronische Ohrwürmer über seelische Tiefschläge und Gipfelerlebnisse der exorbitanten Art. Am Freitag, den 17.08.2018 erscheint ihre erste Single “MONDIN” aus der darauf folgenden EP und am 24.8. spielt MALONDA bei “Ich brauche eine Genie, Vol.5”! und wir freuen uns schon sehr darauf! Viele gute Gründe, ihr unsere Fragen zu schicken:
1 Achan, Dein künstlerischer Werdegang ist eine Geschichte voller Geschichten. Du hast die „Sarabi“, die Königin der Löwen im gleichnamigen Musical in Hamburg gespielt und dir ganz allgemein die stilistischen Sporen bei unzähligen Auftritten deiner Showgirl-Wahlfamilie Chixx Clique verdient. Jetzt arbeitest du an einer ersten eigenen EP, die ganz dein Herzensprojekt ist und in die all die Songs eigeflossen sind, die du seit Jahren live präsentierst. Was erwartet uns auf der EP?
Die EP soll zunächst die Frage beantworten, wer „Malonda“ ist. Ich erzähle Geschichten, aber ich bin keine allwissende Erzählerin. Im Prinzip möchte ich das Spektrum meiner Themen darlegen, in der Sprache, die ich benutze. Und natürlich möchte ich zum Tanz bitten!
2 Für die EP hast du das „Jahr der Mondin“ ausgerufen, was wir sehr schön finden. Wie kamst du auf diesen Titel? ( Das Projekt könnt ihr übrigens hier unterstützen: https://www.pledgemusic.com/projects/mondin )
Der Titel ist ein Wort, das von meiner musikalischen Partnerin in Crime, Jovanka von Wilsdorf, stammt. Ich habe sie darum gebeten, dazu einen Song schreiben zu dürfen. Die Interpretationen zur „Mondin“ ergaben sich dann organisch, vielleicht aus einer Dringlichkeit heraus, die dem gesellschaftlichem Diskurs derzeit in so vielen verschiedenen Fragestellungen zugrunde liegt. Aber zunächst war es eine Songwriting-Kollaboration mit Elen (Elenka) und Jen (GSGF), weil wir schon immer was zusammen machen wollten. Warum also nicht eine Hymne auf eine Mondgöttin? Erst mit der Konzeption des Videos kamen andere Fragen auf: Was wäre, wenn man all die archaischen Religionsklischees weiblich belegt? Was sind weibliche Gottheiten, die ich gern zeigen würde und wie möchte ich diese inszenieren? Und das alles führte darauf zurück: Wer will ich als Künstlerin sein und was möchte ich erreichen? So wurde daraus dann ein zeitfüllendes Projekt mit unterschiedlichen Stationen und einer ziemlich durchgestylten Platte.
3 Du begreifst es als eine Art Verführung in den feministischen Diskurs einzusteigen. Was kann uns die Mondin lehren?
Es gibt verschiedene Auslegungen von Feminismus und alle sind wichtig und richtig. Ich dachte, ich probiere es mal mit einem Zugang über Verführung – mithilfe lustvoller Bilder, der Freude daran, eine Frau zu sein und vor allem durch das Zelebrieren von Zusammenhalt. Die Wichtigkeit von Supportsystemen unter weiblichen Kunstschaffenden ist etwas, was bei mir immer präsent war – sei es durch die Mädchenschule in Essen oder durch die Arbeit mit Chixx Clique in Hamburg. Mich hat es schockiert, festzustellen, dass das in der Musikszene noch lange nicht Gang und Gebe ist und die Mondin und ich finden, da geht noch einiges!
4 Du bist von den Chansons von Hildegard Knef und Marlene Dietrich beeinflusst. Was genau schätzt du an ihnen? Du nennst dich „Elektrik Diva“, was fasziniert dich am Diventum?
Mir fällt es schwer, Phänomene wie Hilde oder Marlene Dietrich mit Begriffen zu belegen. Mich interessieren wahrscheinlich am meisten ihre Kraft, ihr Eigensinn und die Melancholie, die auf ganz einfache Weise zu Tränen rührt und trotzdem Hoffnung gibt. „Diva“ ist eine Zuschreibung, die mir häufig gemacht wird, hauptsächlich aufgrund meiner Bühnenpräsenz. Ich finde den Begriff positiv, weil er stark ist und für mich sowohl Schönheit als auch Größe beinhaltet. Die Bezeichnung „Elektrik Diva“ kommt aber eigentlich nicht von mir, sondern wurde mir gegeben und ich trage sie mit Stolz.
4 Du hast gesagt, als schwarze Frau erlebst du generell immer diese feine Mischung aus Rassismus und Sexismus, mal toppt das eine das andere. Wir wären dir dankbar, wenn du uns etwas darüber erzählen würdest.
In meiner Wahrnehmung ist Sexismus ein Ethnien-übergreifendes Phänomen. Männer unterschiedlicher Herkunft und mit beliebigem Religionshintergrund reden über die Körper von Frauen immer noch so, als wären diese deren Eigentum. „Unsere Frauen“ habe ich 2016 z.B. so oft in den Kommentarspalten gelesen, wenn Xenophobie mit moralischem Highground garniert werden musste und nicht gerade Oktoberfest war. Und dann erlebe ich es ja selber auch häufig, dass mir Männer als Flirt-Opener gestehen, sie hätten noch nie mit einer schwarzen Frau geschlafen, mir auf meine Hautfarbe bezogene „Komplimente“ machen oder mich darüber informieren, dass sie eigentlich nicht so auf schwarze Frauen stehen. Dunkelhäutige Männer wiederum denken, ich sei in der Pflicht mit ihnen auszugehen und wenn ich nicht will, bin ich plötzlich eine Schlampe. Einmal war ich mit dem Sohn einer weißen Freundin unterwegs und begegnete einem schwarzen Mann, der mich für den Verrat an meinem „Volk“ und meine sexuellen Aktivitäten beschimpfte. Alles natürlich immer sehr öffentlich und geduldet.
Mein Favorit: Als ich auf dem Helene Beach gesungen habe und dort über’s Festival schlenderte, begegnete mir wiederholt eine Männergruppe, die mir den Rufnamen „David Alaba mit dem geilen Arsch“ verpasste. Man muss sich nicht als Opfer fühlen, um so einen Status Quo als belastend zu empfinden und das Spektrum meiner Reaktionen reicht da von Amüsement über Langeweile bis hin zu Frustration.
5 Wie und wo hast du eigentlich so gut singen gelernt? Hattest du Unterricht oder Chor-Erfahrung? Hast du immer bei allen Lieblings-Songs mitgesungen?
Ich war 15 Jahre im Essen-Steeler-Kinder & Jugendchor und habe zuhause immer laut meine Lieblings-Songs und Musicals gesungen – allerdings bis 16 nur dann, wenn Mutti außer Haus war, weil ich damals sehr unsicher war.
6 Du bist mit 19 von Essen nach Freiburg gezogen, einfach so, weil du die Stadt schön fandest. Es ist ja, gerade in popkulturellen Zusammenhängen, selten, dass Künstler nach Süddeutschland ziehen. Das Zentrum von Pop ist ja leider immer noch vor allem NRW, Hamburg und Berlin. Wie wars denn so in Freiburg?
Zwischen meinem 19. und 23. Lebensjahr habe ich überhaupt nicht gesungen. Ich war so sehr mit emotionalen Dingen und den Gründen, warum ich meine Heimat verlassen habe, beschäftigt, dass ich meistens überhaupt keine Stimme hatte.
7 Du arbeitest viel mit der Songwriterin „Jovanka von Wilsdorf“ zusammen. Erzähl mal, wie ein Song von dir/euch entsteht. Besonders toll finden wir „Morgengrauen“, sehr melancholisch, aber auch lustig. Zu sphärischen Keyboard-Klängen singst du „Ich weiß nicht, wen ich lieben soll“. Ein Spitzenthema für ein Chanson, finden wir!
Jovanka ist die beste Textdichterin, die ich kenne, mit einem unfassbaren Gespür für Sprache und deren Benutzung und einem Repertoire, das sich über alle erdenklichen Stile erstreckt. Von ihr habe ich alles gelernt, was ich über’s Songschreiben weiß. Ursprünglich ging es in unserer Arbeit erstmal darum, meine Identität als Künstlerin, meine Sprache und meinen Stil zu entwickeln, dann haben wir zusammen geschrieben, und schließlich hat sie mich in ihre Edition bei BMG aufgenommen. Mittlerweile ist sie an allem, was „Malonda“ als Musikerin ausmacht, beteiligt. Die Songs entstehen auf unterschiedliche Art und Weise: Ich weiß nicht, wen ich lieben soll (MORGENGRAUEN) ist z.B. ein Lied von Jovanka, das es schon gab, bevor wir uns kennengelernt haben – ein Geschenk von ihr quasi. Wenn wir zusammen schreiben, brainstormen wir zunächst Themen oder geflügelten Worte, von denen wir finden, dass sie zu mir als Künstlerin passen. Manchmal komme ich mit Textideen oder fertigen Texten zu ihr, und sie lektoriert sie oder extrahiert daraus, was gut funktioniert und dann schreiben wir gemeinsam um. Manchmal schickt sie mir einfach einen neuen Text, den sie mir aus einem Geistesblitz heraus auf den Leib geschrieben hat – das ist dann immer besonders cool!
8 Darf man in deinem Schlafzimmer rauchen?
Ja.
9 Denkst du, dass der Kapitalismus abgeschafft/überwunden werden soll?
Ich denke, dass in einem System, in dem alles und jeder seinen Preis hat, zwangsläufig auch höhere Ideen (Demokratie und Freiheit z.B.) käuflich, beziehungsweise verkäuflich sind. Ob man Kapitalismus deswegen abschaffen oder überwinden muss, hängt für mich hauptsächlich mit der Frage zusammen, ob der Mensch zu Besserem in der Lage ist. Diesbezüglich bin ich noch unsicher.
10 Was hälst du von der Idee eines Grundeinkommens?
Weniger darüber spekulieren, mehr testen!
11 Dein ultimatives Sommergetränk?
Eiskalte Pfirsichteeschorle