- Online-Edition: ICH BRAUCHE EINE GENIE #14 – Popkultur, Feminismus, Flüstern & Schreien, und so
- 17. 12.2020 auf dem Genie-Blog und auf Doctorellas YouTube-Kanal: 20 Uhr
- Gefördert von der Musicboard Berlin GmbH
- Soli-Tickets für 4 oder 8 Euro gibt es hier
Präsentiert von Jungle World, amSTARt, Bohemian Strawberry Records und kaput mag
Live-Musik: SAFI (Meisterin des Noise-Rock) + NATASCHA P. (Rap/Pop: bad ass, futurell, experimentell)
Gedichte-Performance: MIRA MANN (Post-Angst)
Lese-Schmankerl: KERSTIN GRETHER liest aus der just erschienenen deutschen Übersetzung des Standardwerks SEX REVOLTS über 5 Jahrzehnte Rockgeschichte
Musikalische Umrahmung + gesungene Moderationen: DOCTORELLA / Sandra und Kerstin Grether
ACHTUNG: die schon angekündigten CULK haben aufgrund der Ausgangssperre in Wien, coronabedingt, ihren Auftritt abgesagt. Sehr schade! Aber das nächste Jahr steht ja schon vor der Tür, und wer weiß…-
Es wird geflüstert und geschrien, in diesen kühlen Zeiten der Pandemie. Und auch gerappt. Vielleicht ist unsere Angst auch nur geliehen. Fest steht: wir haben drei Dichterinnen hier mit drin. Die Songs von SAFI, NATASCHA P. und MIRA MANN oszillieren zwischen Dichtkunst und Noise. Jede hat ihre ganz eigenen Einlassungen in Ekstase und Achtsamkeit, Diskurs und Gegen-Entwurf. Politik und bad ass. Es kommt einfach und es kommt vielschichtig.
„Ich Brauche Eine Genie“ übersetzen wir heute mal mit „Ich Brauche ein, zwei, drei viele Energien“. Mit musikalischen Skills; eh klar. Und nimmt sich, was Schliff braucht. Genau austariert im Sound. Wann man schweigt oder flüstert und rappt. Gegen die Nicht-Orte des weiblichen* Sprechens und Begehrens und für die Frage, die Natascha P. aufwirft „Wie kann ich der Gesellschaft heute in den Arsch ficken?“
NATASCHA P. geht es darum: „Raum einnehmen als Kanakin, die deutschen Pop macht“; für Achtsamkeit und Ein-und Ausatmen am Meer: MIRA MANNS ( Lese-)Performance aus ihren Gedichtbänden, Angst und Post-Angst, Texte zur Krankheit auch, und dann ist da noch eine der wichtigsten Flüster-Sing-und-Wut-Stimmen der Gegenwart: SAFI! Ob sie schon Lieder aus ihrem lang-erwarteten, neuen Album spielen wird? Schaltet ein!
Als besonderes Weihnachtsschmankerl gibt’s noch obendrein eine Lesung von KERSTIN GRETHER aus dem radikalsten Buch, das je zum Thema „Geschlechterverhältnisse in der Popkultur“ erschienen ist, auch wenn es den wunderbar harmlosen Titel „SEX REVOLTS“ trägt. Das Standard-Werk der US-amerikanischen Musikjournalist*innen Joy Press und Simon Reynolds erschien bereits 1995. Darin knöpfen sie sich den Frauenhass aus 50 Jahren Rockgeschichte vor. Der Ventil-Verlag veröffentlichte in diesem Jahr dankenswerterweise eine Übersetzung ins Deutsche; ergänzt um aktuelle Phänomene.
Vielleicht ist es aber auch gar nicht so radikal, sondern ganz normal, denn es handelt davon, dass man „Rockrebellion heutzutage als eine dynamische Abenteuerlust versteht, die sich von den Zwängen des domestizierten Lebens löst und ihre Wildheit auf die Welt überträgt.“ (Ellen Willis).
Im 20. Jahrhundert wurde das weibliche* Element mit Konformität gleichgesetzt. Im 21. Jahrhundert ist es das männliche. (Stichwort toxische Männlichkeit). Und wem das alles zu einfach klingt, dem sei ein Songzitat von CULK ans Herz gelegt: „Was ist schon normal, du zerbrichst Jahre später nochmal.“
Kuratiert, moderiert und musikalisch umrahmt wird das Ganze – wie immer – von den GRETHER-Schwestern. Die Erfinderinnen des Pop-Feminismus in Deutschland, DOCTORELLA-Musikerinnen und Autorinnen werden dieses Mal ihre Moderationen singen. Denn im Home-Office kommt man ja auf so manch abenteuerliche Idee . . .
NATASCHA P.
Pop-Persona, Musikerin, Autorin, Filmschaffende und vor allem eine Kunstfigur – all das ist Natascha P. Sie macht Rap mit politischem Anspruch, sie möchte migrantische Frauen wie sich selbst präsentieren, erzählte sie der TAZ, und dem Missy Magazine. „Als Natascha P. geht es mir vor allem darum, Raum einzunehmen als Kanakin, die deutschen Pop macht. Jeden Morgen stehe ich auf und denke: Wie kann ich die Gesellschaft heute in den Arsch ficken? Dann mache ich mir einen Cappuccino.“
Natascha P. sieht einen Adler an der Schlei in Schleswig-Holstein. Sein Gesicht sammelt sich in Schatten und die Zeit zersplittert. Sie folgt ihm in den Wald und sieht ihm dabei zu, wie er kleinen Ziegen den Kopf abtrennt. Zuhause in ihrem Wohnzimmer spielt sie dann diese Melodie nach. Das dazugehörige Debut-Album „Adler“ ist bei Problembär Records erschienen. Im Song „Drei Meter Spannweite“ heißt es im für sie typischen Sprechgesang: „Nachts durch die City gehe ich Vögel jagen. Mein Fell ist so dick, ich kann kaum eine Jacke tragen. Spreiz ich meine Flügel, brauch ich Raum. Ich habe drei Meter Spannweite, Sie glauben es mir kaum.“
„Natascha P. zeigt, dass deutschsprachiger Pop auch badass, experimentell und futuristisch sein kann.“ (Missy Magazine)
NATASCHA P. – Drei Meter Spannweite:
(Beitragsfoto Natascha P made by Kuno Seltmann)
SAFI
Eruptive Alltagsbeobachtungen, Widersprüche und Unebenheiten, gleichermaßen exzessiv und eingängig. Safi ist Musikerin, Sängerin, Texterin und Komponistin, Bildende Künstlerin und Grafikdesignerin. Ihre Arbeit bewegt sich zwischen Konsequenz und Wahnsinn. Die Kombination Frau und Lautstärke ist für die deutsche Musiklandschaft ungewöhnlich und unbequem. Safis Stringenz bohrt sich durch diesen Widerstand und ruft abgeflachte Hörgewohnheiten zur Vernunft. Die Dialektik des Wahnsinns, die Monotonie des alltäglichen Stechschritts und die immer weiter aufgehende Schere zwischen Soll- und Ist-Zustand: Mit ihrem zweiten Album “Janus” veröffentlicht SAFI 2015 ein fulminantes Werk zwischen Punk, Poesie und Lärm. Messerscharfe Beobachtungen in griffigen und hintergründigen Texten und nach vorne preschenden Songs. Das neue Album der in Berlin lebenden Musikerin wird heiß erwartet!
SAFI – „Sagen und Denken“:
MIRA MANN
Mira Mann, bekannt geworden als Sängerin und Bassistin der Postpunk-Band Candelilla (2001 -2017) ist nicht nur Musikerin, sondern auch Autorin. Ihr erster Gedichtband “Gedichte der Angst” ist im Februar 2019 beim Kölner Verlag Parasitenpresse erschienen. In einer zeitgenössisch-rohen Sprache widmet sie sich darin ihrer Angst und ihrem Körper. Es geht darin um Krankheit, selbsterlebt. Gedichte der Angst ist ihre erste eigenständige Publikation. Im April 2020 folgte „Komm einfach“. Jetzt gibt es zu diesem Gedichtband auch einen Song gleichen Namens. Er zelebriert den unmittelbaren Körperkontakt. „Keine Grenze, keine Gefahr.“ Ihre Lyrics stehen für einen arglosen Umgang mit Körper (einen Körper ohne Angst) und machen Freude auf ein Wiedersehen mit Menschen und auf die Möglichkeit, diese Freude durch Berührung zum Ausdruck zu bringen.
Mira Mann lebt und arbeitet in München.
Mira Mann – „Komm einfach“
DOCTORELLA / Sandra und Kerstin Grether
Singen ihre Moderationen. Aber keine Angst, es ist kein Musical geplant 😊 Nur ein kleiner Hinweis darauf, dass die Evolution den Menschen eigentlich singend wollte…
Doctorella „Geht du heut mit mir ins Kino?“